Dr. med. Frederich
 
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Familientherapie
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Die für mich schönste Definition von Familientherapie lautet: "Wir wollen die Erweiterung der Handlungs-, Denk- und Gefühlsmöglichkeiten der Klienten.

Abbildung: Familien-Psycho-Somatik

Anerzogene Ängste reduzieren die Möglichkeiten im Handeln, Fühlen und Denken. Familientherapie möchte dies rückgängig machen.

Im Rahmen der Familientherapie gehen wir davon aus, dass in jedem Menschen ein großes Potenzial an Möglichkeiten zu Fühlen, zu Denken und zu Handeln vorhanden ist. Ein jeder Mensch ist voller Ressourcen! Nur leider sind bei diesem oder jenem ein Teil der Quellen durch angstbesetzte Erlebnisse in der Kindheit, verschüttet und so kann im Erwachsenenleben nur noch ein Teil der einst vorhandenen Möglichkeiten zum Zuge kommen.

Ein Beispiel: Meine Mutter war eine äußerst ungeduldige Frau. Wenn ich nicht schnell genug begriff, nicht flink genug all ihre Aufträge erledigte, setzte es Hiebe und zwar nicht zu knapp. So lernte ich einerseits, das meiste schnell zu kapieren und Dinge schnell zu erledigen, aber andererseits war mir nicht zugänglich, mal zu genießen, zu entspannen, gegenüber Arbeitsaufträgen ein entschiedenes Nein zu sagen.

Die Folge war eines Tages eine Herzkranzgefäßverengung... Die Schulmedizin rettete zwar über eine Bypass-Operation mein Leben, aber nach einiger Zeit waren wieder Engpässe da, die die Blutversorgung meines Herzmuskels einschränkten und mein Leben zu beenden drohten. Erst als mir bewusst wurde, dass ich eine panische Angst vor Langsamkeit hatte und daher mit mir stets hoch ungeduldig umging und ich mich so immer wieder unter Zeitdruck setzte und ich diesen anerzogenen Mechanismus langsam niedertrainierte, gaben meine Herzkranzgefäße Ruhe, d. h., es kam nicht mehr zu Verengungen.

Übrigens ein schönes Beispiel dafür, wie sich die Möglichkeiten der Schulmedizin und der FamilienPsychoSomatik ergänzen können, ja müssen. (Noch mehr darüber in dem Link coronare Herzkrankheit.)

Wenn es also im Rahmen der Familientherapie darum geht, verschüttete Quellen freizulegen, kann man folgerichtig sagen, dass diese Form von Beratung eine ressourcenorientierte Methode ist. Hier wird niemand zur Sau gemacht; hier werden keine niedermachenden Diagnosen, wie neurotisch, analfixiert oder retardiert, verteilt, sondern wir wollen "Orchideen über Nacht zum Erblühen bringen!"

Die ersten Anfänge der Familientherapie gehen auf die 50er Jahre in den USA zurück. Es waren ursprünglich in der Mehrzahl Psychiater/Analytiker (!!!), die im Rahmen einer hohen Fähigkeit zur Selbstkritik die Konzepte von S. Freud auf ihre Wirksamkeit überprüften und dabei feststellten, dass manche seiner Vorschläge nicht nützlich waren. So sind wir Familientherapeuten heute so unverschämt und führen das, was sich von Freud bewährt hat, weiter und das was sich als ineffizient erwies, lassen wir bleiben und fügen noch neueste Erkenntnisse der Hirnforschung hinzu!

Einige Begründungen für Familientherapie: Der Patient in einer Einzeltherapie - und mag er noch so ehrlich sein - kann mir viel erzählen. Er erzählt mir halt seine Wahrheit. Ist der Partner dabei, gibt es Korrekturen, und der Therapeut kommt der Wahrheit der Familie viel näher. Was dem Patienten nicht einfällt, erinnert vielleicht sein Gefährte: Es gibt viel mehr Informationen. Hat der Therapeut eine ganze Familie vor sich, so ist es für ihn viel leichter, neutral zu bleiben.

Ist er z. B. als Mann einer attraktiven Frau alleine ausgesetzt ... Nur wenn die ganze Familie anwesend ist, kann der Therapeut deutlich sehen, welche unzweckmäßigen Kommunikationsmuster in diesem System ablaufen. (Ein zur Verächtlichkeit gegenüber Frauen neigender Mann wird mir gegenüber diese Verhaltensweise kaum zeigen. Ist aber seine Ehefrau dabei, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass ihm irgendwann einmal diese Geringschätzung herausrutscht.)

Wenn sich jemand im Rahmen einer Einzeltherapie ändert bzw. ändern möchte, werden die zu Hause Verbliebenen automatisch blockieren (!), denn kaum ein Mensch mag Veränderungen. So ist ein Scheitern der Therapie bereits wieder vorprogrammiert. Oder aber es gelingt jemandem aus einer Einzeltherapie heraus sich zu verändern und schon ist Scheidung angesagt, oder aber ein zu Hause Gebliebener wird jetzt krank: Einer Frau mit einer Erschöpfungssymptomatik, da sie gegenüber Arbeitsaufträgen nicht Nein sagen konnte, machte ich im Rahmen einer Einzeltherapie (dies war noch zu Beginn meiner psychotherapeutischen Ausbildung) Mut, doch hin wieder einmal an sich zu denken und die Hände in den Schoss zulegen. Prompt rief mich ihr Mann ein paar Tage später, ziemlich alkoholisiert, genau um Mitternacht an und beschimpfte mich in seinem Odenwälder Dialekt: "He Doc, was mach`ste mit meiner Frau? Die holt mir kein Bier mehr aus dem Keller. So geht's ja nicht!"

Wer sich mehr mit dem Thema der Familientherapie befassen möchte, dem seien - auswahlweise - folgende Bücher empfohlen:

Literatur über das Thema Familientherapie:

Böse, R., Schiepek, G.
Systemische Theorie und Therapie. Asanger Verlag

McDaniel, S., Hepworth, J., Doherty, W.J.:
Familientherapie in der Medizin. Auer Verlag

Hoffman, L.:
Grundlagen der Familientherapie. Iskopress

Imber - Black, E.:
Die Macht des Schweigens. Klett-Cotta

Kanfer, F. H. ,Reinecker, H., Schmelzer, D.:
Selbstmanagement-Therapie

Ludewig, K.:
Systemische Therapie. Klett-Cotta

Rapaport, A.:
Allgemeine Systemtheorie. Verlag Darmstädter Blätter

Reiter, L., Brunner, E.J., Reiter-Theil, S.:
Von der Familientherapie zur systemischen Perspektive. Springer Verlag

Schiepek, G.:
Die Grundlagen der systemischen Therapie. Vandenhoeck

Schlippe, A., Schweitzer, J.:
Lehrbuch der systemischen Therapie und Beratung. Vandenhoeck

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